Aufs Hirn

Stefan Raab und BILD sind nicht die besten Freude, um das mal vorsichtig auszudrücken. Entweder berichtet BILD gar nicht oder schlecht recherchiert bis falsch über das, was Raab treibt. Mit entsprechender Antwort Raabs: einer Gegendarstellung, wie es das Presserecht vorsieht. Wie glücklich für BILD also, wenn andere über Raab schreiben und man anschließend darüber schreiben kann. So macht man sich nicht selbst die Hände dreckig und kann Raab heute zum Verlierer erklären sowie ganz locker und leicht behaupten: „Erfolg schlägt offenbar aufs Hirn!“

Dass der Redaktionsalltag bei BILD offenbar aufs Hirn – und da vor allem auf das Großhirn – schlägt, beweist die Tatsache, wie die Gegendarstellung, die der Focus drucken musste und über die sich BILD heute lustig macht, zustande kam. Denn nicht Raab hat irgendwas aufs Hirn geschlagen, sondern die Kollegen des Focus haben offensichtlich falsch recherchiert – oder die falschen Leute gefragt. Die Ahnungslosigkeit von BILD wird noch untermauert, indem sie schreibt, Focus habe ein „Porträt“ gedruckt. Ein „Porträt“, bei dem der Focus offenbar nicht mit Raab selbst gesprochen hat – und zu dem Raab auch nie sein Einverständnis erklärte. Allenfalls ist das „Porträt“, das Focus da zeichnet, eine angestrengt lustig wirken wollende Aufzählung von Hörensagen über den Künstler und Falschinterpretationen oder Mutmaßungen über den Sendeablauf und das, was hinter den Kulissen von Brainpool und ProSieben stattfindet.

Allzu verständlich, dass Stefan Raab da eine Gegendarstellung erwirkt. Und ja, auch ein Detail wie Gurkenscheiben auf Mettbrötchen darf da richtig gestellt werden. „Peinlich“, wie BILD findet, ist das Ganze nicht für Raab, sondern nur für den Focus, der die 20 Punkte umfassende Gegendarstellung drucken musste – und so seinen Lesern offenlegt, wie sauber recherchiert die Geschichte war, in der sich jeder Absatz so liest, als hätten die drei Autoren den Auftrag gehabt, unbedingt einen Verriss abliefern zu müssen. Was dann zu solch verkrampften und merkwürdigen Sätzen, Halbsätzen, Abgeschriebenem aus Wikipedia und konstruierten Zusammenhängen führt:

„Einen, der Humor betreibt wie eine Fleischerei. Grundsatz: Es darf immer noch ein bisschen mehr sein.“ [Willkommen in Kalau.]

„Die Öffentlichkeit, die ihn mehr denn je feiert, sie ist der Gegner, vor dem Raab flüchtet.“

„Stefan Raab ist Stefan Raab.“ [Ach…]

„Raab bleibt Raab.“ [Achso…]

„Umgeben von Dönerbuden und inmitten einer Bevölkerung, in der der Kölner Metzgersjunge wie ein Migrant wirkt, sitzt das
Medienunter nehmen[sic!] Brainpool.“ [Ja, so wie mindestens 22 andere (deutsche) Unternehmen auch. Außerdem, was haben die Autoren gegen die „Bevölkerung“, in der Raab wie ein Migrant wirkt? Kann man umgeben von Multikulti schlechter arbeiten? Oder war auch dieser Satz einfach nur nicht zu Ende gedacht?]

„Sein erstes größeres Geld, gemacht mit dem Komponieren von Werbe-Jingles für Punica, Burger King oder Blenda-med, steckt Raab ins eigene Tonstudio im Haus der Eltern. [Absatz] Dort sind heute die Fenster erneuert.“ [Wenn die Fenster von dem Jingle-Geld bezahlt wurden, sind sie heute nahezu 20 Jahre alt…]

„…verriegelt ein Garagentor aus schwerem Holz. Es lässt sich per Elektromotor und Fernbedienung öffnen.“ [Wie ungewöhnlich!]

„… kann er direkt mit dem Wagen ins Reich seiner Kindheit einfahren.“ [Wow. Was die Technik heute alles zu leisten vermag.]

„Gleich um die Ecke sprießt der Blumenladen…“ [Würd‘ ich gern sehen, einen sprießenden Laden.]

„Die Juristerei bricht Raab im fünften Semester ab. Seine Metzgerlehre krönt er mit der Note „sehr gut“. Den Gesellenbrief bekommt er als Bezirksbester.“ [Was Wikipedia so alles weiß…]

„„Er war ein ganz normaler Wurstverkäufer“, sagt die Floristin. „Wenn ich ihn heute im Fernsehen sehe, ist das ein komisches Gefühl.““ [Ein Gefühl, an das man sich nach 17 Jahren, seit denen Raab im TV zu sehen ist, langsam gewöhnt haben sollte.]

„Der Straßenbelag ist feiner verlegt, extraglatt. So ruhig liebt es Raab privat.“

„Raabs Aufstiegswille ist seit der Schulzeit zementiert.“ [Klingt wie ein Vorwurf, dabei ist es doch erstrebenswert, oder zählt so etwas in der Welt der Focus-Redakteure nicht?]

Interessant wäre nun mal, ein wirkliches Porträt von Raab zu lesen. Ein ehrliches – von beiden Seiten.