Aufregung im Hummelnest

Zwei Leipziger Kindereinrichtungen wegen ihres Namens abgemahnt / Markeninhaberin geht bundesweit vor

Bis vor kurzem war Sabine Hummel aus München dem Rest der Republik unbekannt. Doch die Diplom-Pädagogin ist gerade dabei, sich bundesweit einen Namen zu machen. Denn als Inhaberin der Marke „Das Hummelnest“ mahnt sie derzeit über ihren Anwalt im offenbar großen Stil Kindertagesstätten ab. Auch zwei Leipziger Einrichtungen sind betroffen.

Anfang März flatterte René Boitz, Geschäftsführer des Fairbund e.V. unangenehme Post ins Haus: Die Rechtsanwaltskanzlei Rau & Rau aus München informierte im Namen ihrer Mandantin Sabine Hummel darüber, dass der Begriff „Das Hummelnest“ geschützt sei und vom Verein missbräuchlich für seine gleichnamige Kindertagesstätte genutzt werde. Die Anwälte machten in dem Schreiben sowohl einen Unterlassungs- , als auch Auskunftsanspruch geltend. Bedeutet: Der Verein müsse darlegen, wie er die geschützte Marke bislang genutzt und welcher Gewinn damit erzielt worden sei. Danach würde sich die Höhe einer eventuellen Lizenzgebühr richten. „Das hat uns natürlich überrascht, von dem Markenschutz wussten wir nichts“, so Boitz. Vorsorglich sei der Name der Einrichtung bis zur endgültigen Klärung auf „Kita Erich-Zeigner-Allee“ geändert worden. „Wir haben die Sache unseren Anwälten übergeben. Begeistert sind wir nicht davon, trotz allem Verständnis für das Markenrecht“, sagt Boitz.

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Roger Friedling, Leiter der bisherigen Kita Hummelnest in der Leipziger Erich-Zeigner-Allee

Doch der Fairbund ist nicht der einzige Träger einer Kindereinrichtung, der Post von Sabine Hummel bekam. So wurde auch der DRK-Kreisverband Leipzig-Land e.V. mit dem Schreiben bedacht, weil eine Kinderkrippe in Mölkau den Namen Hummelnest trägt. „Wir lassen das anwaltlich prüfen und werden uns mit der Gegenseite auseinandersetzen“, so Vorstand Jens Bruske. Und auch in anderen Städten und Bundesländern lässt Sabine Hummel gegen die Verwendung ihrer Marke vorgehen. Recherchen ergaben, dass neben den beiden Leipziger Einrichtungen mindestens zehn weitere betroffen sind. Unter anderem der Protestantische Kindergarten Hummelnest in Ludwigshafen, der Hort Hummelnest in Neuruppin, eine Kita in Hambühren (Niedersachsen) und ein Kindergarten in Fuldatal.

„Das riecht zumindest danach, dass die Abmahnungen rechtsmissbräuchlich erstellt wurden“, schätzt Sven Nagel, Rechtsanwalt aus Leipzig, ein. „Das wäre dann der Fall, wenn die Auftraggeberin die Kosten der Abmahnungen nicht aus eigener Kraft zahlen kann“, führt Nagel weiter aus. Pro Abmahnungen wären Gebühren von mindestens 1000 Euro üblich. Diese Kosten holt sich die Kanzlei meist von den Gegnern.
„Fraglich ist bereits“, so Rechtsanwältin Antje Freese von der Kanzlei MS Concept aus Waiblingen in Baden-Württemberg, „ob die Markenansprüche tatsächlich durchgesetzt werden können.“ Freese vertritt eine Kindertagesstätte in dieser Abmahnsache. „Es bestehen durchaus Angriffsmöglichkeiten gegen die eingetragene Marke“, schätzt sie ein. Zudem hätte Sabine Hummel auch eine deutlich mildere, sozialere Methode wählen können, um ihre Markenansprüche geltend zu machen: „Sie hätte zunächst selber eine Berechtigungsanfrage stellen und den Kitas damit ermöglichen können, zu überprüfen, ob durch die Verwendung des Kennzeichens „Hummelnest“ ihre Markenrechte verletzt worden sind. Hierdurch hätten zumindest die Anwaltskosten für die Abmahnungen vermieden werden können“, so Freese.

Davon will Anwalt Andreas Hayn von Rau & Rau Rechtsanwälte München natürlich nichts wissen. „Das ist eine ganz normale markenrechtliche Angelegenheit. Jemand hat die Marke geschützt und verteidigt sie jetzt. Mit Geld verdienen hat das nichts zu tun“, meint Hayn. In vorliegendem Fall sei die Verletzung der Markenrechte eindeutig, denn Sabine Hummel hätte die Marke mit der Beschreibung „ein sozialpädagogisches Angebot für Familien mit Kindern im Vorschulalter“ geschützt, und das bereits im Jahr 1990. Sie betreut Kinder direkt zu Hause und bietet neuerdings auch Gesundheitsberatungen für Kinder an. Dieses „Gesamtkonzept“, so sagt sie, vermarkte sie unter dem Namen Hummelnest. Mindestens bis 2020 besitze sie nun die Markenrechte für den Begriff in allen Schreibweisen. Gezwungen, den Namen zu ändern, sei allerdings zunächst keine Kita. „Denn es besteht die Möglichkeit einer gütlichen Einigung“, so Andreas Hayn. Die Schreiben seien „mit Absicht so formuliert“, wie er es ausdrückt. Es käme dann auf den Einzelfall an, betont er. Auch, was die Anwaltsgebühren betreffe, sei man gesprächsbereit, gibt er sich versöhnlich.

René Boitz vom Leipziger Fairbund e.V. hofft auf eine Einigung, mit der der Verein finanziell fertig werden könne. „Ich glaube, Frau Hummel ist sich gar nicht bewusst, was sie hier anrichtet. Vielleicht kann man mit ihr ja reden“, hofft er. Und auch Roger Friedling, Leiter der Kita Erich-Zeigner-Allee hofft auf eine Klärung: „Gerade die größeren Kinder unserer Einrichtung wären traurig über den Namensverlust. Immerhin ist das ein Stück Identität.“

Erschien am 6. April 2013 in der Leipziger Volkszeitung.

Update: Frau Hummel hat ihre Website nun online.

21 Gedanken zu „Aufregung im Hummelnest

  1. Es genügt nicht nur, eine Marke anzumelden. Sie muß auch genutzt werden, und es muß ein Wettbewerbsverhältnis existieren. Eine lokale Einrichtung in Leipzig tangiert keine lokale Einrichtung in München. Zumal gar keine Münchner Einrichtung zu existieren scheint. Die Marke wurde und wird offenbar nicht aktiv genutzt. Und das ist fatal – für den Markeninhaber.

    Ich würde die Abmahnung ignorieren, beim DPMA einen Löschantrag wegen Nichtbenutzung der Marke stellen und im Idealfall andere betroffene Einrichtungen kontaktieren, daß eine Lizenzgebühr nicht sinnvoll ist.

  2. Zur Info: Den Abmahnungen der Kanzlei Rau und Rau lagen einige Dokumente bei, die die Nutzung der Marke seit Anmeldung belegen sollten. Zudem versicherte mir auch Frau Hummel, die Marke genutzt zu haben – ob das tatsächlich so war, müssen die Parteien unter sich klären.

  3. Zitat von Andreas Hayn:
    „Mit Geld verdienen hat das nichts zu tun“[…] „Denn es besteht die Möglichkeit einer gütlichen Einigung“.

    Ja, klingt sehr plausibel. Mit Geld verdienen hat es nichts zu tun. Aber den Namen brauchen Sie auch garnicht ändern. Sie sollen nur dafür bezahlen. logisch…

  4. Armes Deutschland, das es immer noch Anwälte gibt die sich für so etwas hergeben. Kann man solche nicht irgendwo anzeigen oder melden?? Anwaltskammer oder so?? Dank der Berichterstattung im Magazin Brisant ist das Thema an die breite Öffentlichkeit getreten, ich hoffe, das Frau Hummel mal wieder runterkommt von Ihrer Geldsucht. Ein Kindergarten in Leipzig steht in keinem Fall in wirtschaftlicher Konkurrenz zu Ihrer Kindereinzellbetreuung in München.

  5. Nun, der Anwaltskanzlei tatsächlich gewerbsmäßige Abmahnungen nachzuweisen, ist sicher recht schwer. Letztlich geht die Frau korrekt vor: Sie verteidigt ihre Marke und macht klar, dass sie diese Marke benutzt. Das ist Voraussetzung, damit eine Marke Bestand hat. Sicher ist die Vorgehensweise moralisch streitbar, keine Frage.

  6. Marke hin Marke her,die Frau nennt sich Pädagogin und arbeitet mit Kindern und will nun Gelder von Einrichtungen die auch mit Kindern und für Kinder arbeiten.Diese Gelder schmälern da Budget der Einrichtungen und fehlt am Ende den Kindern.
    Soll die Dame die Marke löschen lassen ,spart sie viel Geld und alle anderen auch.
    Ich würde der Dame kein Geld in den Rachen stecken und meinen Einrichtungsnahmen verändern…Hummelhaus,Hummelland,Hummelstube,Hummelköbchen u.s.w.
    Hummeln sind sozial lebende Insekten,davon scheint Frau Hummel weit weg zu sein.

  7. …armes Deutschland

    sich an Geld von Kindergärten zu bereichern ist das letzte
    – wünsche Ihr schlechte Träume !

  8. Frau Hummel besitzt nicht die Marke „Hummelnest“. Sie besitzt die Marke „Das Hummelnest-ein (sozial)pädagogisches Angebot für Familien mit Kindern im Vorschulalter“. Daraus kann man nicht ableiten, dass „Hummelnest“ geschützt ist. Auch nicht „Vorschulalter“ oder „Kinder“. Ich denke dagegen kann man vorgehen, und umgedreht eine Unterlassungserklärung zusenden. ARD heute 17.07.2013 hat dementsprechend auch berichtet.

  9. Und sojemand darf sich „Dipl. Sozialpädagogin“ nennen..,mit Sozial hat das wenig zu tun und wenn man die nette Dame das Wort Sozial schon nicht versteht kann es mit der weiteren Bildung bezüglich Betreuung nicht weit her sein…Das ist meine Meinung.
    Da lohnt es sich sicherlich mal nach Plagiaten in der Diplomarbeit der netten Dame zu suchen… *g – Ich wünsche ihr das der Schuss ordentlich nach hinten los geht!

  10. Du meine Güte, was für eine seltsame Frau.
    Ich habe ihr gerade folgende Nachricht geschickt:

    Sehr geehrte Frau Hummel,

    an unserem Haus haben wir ein Hummelnest und zeigen es Kindern sehr gerne.
    Diese beschenken uns dafür mit einem Lächeln.
    Gerade haben wir jedoch aus der Sendung „Plusminus“ erfahren, dass Sie sich den Namen Hummelnest haben schützen lassen.
    Wir möchten deshalb höflich anfragen, ob wir den Kindern der Nachbarschaft gegenüber das Wort „Hummelnest“ verwenden dürfen oder wir wir in diesem Fall mit einer Schadenersatzklage rechnen müssen.
    Wir können, falls Sie uns nicht die Rechte übertragen, auch die Worte „Nest von Hummeln“ verwenden, aber diese klingen weniger schön.
    Falls Sie diese Worte auch für sich gesichert haben, teilen Sie uns dies bitte mit. Für einen Vorschlag zur Umschreibung des Hummelnestes wären wir Ihnen sehr dankbar.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Martin Barluschke

  11. Unfassbar was in diesem Land alles möglich ist, hab soeben den Beitrag von ARD gesehen und bin schockiert…wünsch der Frau nichts schlechtes lege ihr aber einen Arztbesuch nahe!!!

  12. Wie traurig das ist Kindern etwas weg zu nehmen …. Was für eine Pädagogin mit defuser Rechtschreibung auf ihrer Homepage …
    Das Wort „Hummelnest“ steht im Duden, ob sie die nun auch verklagen will oder aber lässt sie sich einfach alle im Duden enthaltenen Wörter schützen dann könnte sie ganz Deutschland verklagen …

  13. Guten Tag,

    Pädagogik trifft Unverstand. Eine unterhaltsame Mischung. Wie gut, dass auch fehlende Datenschutzangaben auf Webseiten teuer anzuklagen sind. Da stolpert die Bine im eigenen Hummelnest. Klage kann umgehend eingereicht werden.

  14. @T Richter:
    Habe soeben die gesamte Seite von Fr. Hummel gespeichert. Urheberrechtsverletzung, fehlende Datenschutzangaben und viele weitere Punkte…hab’s schonmal im Kopf überschlagen…Round about werden wir bei ca. 1250,- Euro liegen…unsere Anwaltskanzlei freut schon drauf! Wir werden die verschiedenen Hummelnester ausfindig machen und zusätzlich auf Abmahnung wegen der ganzen fehlenden Angaben raten (gerne auch kostenlos). Wie hat Plusminus gerechnet: 26 Hummelnester x 1250,- Euro = 32500,- Euro, abzgl. der von Fr. Hummel angebotenen 26x 750,- Euro= 19500,- Euro, macht ein Minus von 13000,- Euro…
    Aber als bekannt „Pädagogin“ findet man bestimmt bald wieder Arbeit um diese Kosten bezahlen zu können…
    Diplom-Arbeit etc. werden wir nächste Woche anfordern und auf Plagiate, fehlende Zitathinweise, etc. prüfen…da findet sich mit Sicherheit auch was!

  15. Für alle Betroffenen:
    Der Verteidiger (Anwalt der Kitas) sollte vielleicht darauf pochen:
    Eingetragene Marke ist: „Das Hummelnest-ein (sozial)pädagogisches Angebot für Familien mit Kindern im Vorschulalter“
    siehe:
    http://www.tmdb.de/de/marke/Da.....76954.html

    Also NICHT „Hummelnest“ oder „Das Hummelnest“.

    Wenn Fr. Hummel also damit vor Gericht ziehen würde, würden wir den Richter fragen ob Fr. Hummel dann auch alles mit „Kinder“ oder „Vorschulalter“ oder „pädagogisches Angebot“ abmahnen kann, denn das sind ja auch „Teile der eingetragenen Marke“!

  16. Na dann bin ich ja mal gespannt, was die gute Frau Hummel machen würde, falls sie im Fall der Niederlage vor Gericht dann zu den eigenen Anwaltskosten auch noch die gesammelten Anwaltsgebühren der diversen Hummelnestkindertagesstätten aus ihrer Schatulle begleichen müsste?
    …Etwa Insolvenz anmelden und anschliessend Harz 4 beantragen?

    Ganz abgesehen davon würde es mich mal interessieren, wie sich die deutschlandweite medienwirksame Aufbereitung der Abmahnungen auf ihr eigenes Geschäft auswirkt. Vermutlich auch nicht gerade förderlich.

  17. @R
    Freue mich auf gelegentliche Infos zum Stand der Dinge bezüglich dieses Sachverhalts und Ihrer angekündigten Aktivitäten. Meine Unterstützung haben Sie, auch hinsichtlich einer schlagkräftigen PR.

    T.

  18. Einfach nur Ekelhaft Wiederlich diese Frau, nicht mal Skrupel vor Kinderabzocke, denn das ist nichts anderes als den Kinder das eh schon wenige Geld zu nehmen, ihnen wird es fehlen in ihrer Hummel Kita.

  19. Die zentrale Frage ist doch, ob die Kitas mit ihrer Namensgebung eine illegitime Assoziation zur Frau Hummel und ihrem „Konzept“ – unwissentlich oder wissentlich – hergestellt haben. Dazu müssten die Eltern befragt werden: „Haben Sie ihre Kinder deshalb in die örtliche Kita gegeben, weil sie geglaubt haben, dass dort das „Konzept“ von Frau Hummel angewandt wird?“ Ebenso müssten die Kita-Mitarbeiter gefragt werden: „Haben Sie von dem „Konzept“ der Frau Hummel Gebrauch gemacht?“ Und vielleicht müsste man auch renomierte Pädagogen ins Boot holen und fragen: „Was sagen Sie zu dem „Konzept“ von Frau Hummel?“ Die Antwort dürfte bei allen diesen Personengruppen dieselbe sein: „Wer soll diese Frau Hummel sein?“

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