Heute: Leipzigerin sammelt für Brasilien


Deutsch-Brasilianerin veranstaltet Benefizkonzert zu Gunsten einer Blinden- und Sehbehindertenstiftung in Brasilien

Die Leipzigerin Lina Maria Kotschedoff hat eine Vision: Sie will, auch weil Weihnachten ist, einer gemeinnützigen Organisation helfen. Allerdings befindet sich diese nicht in Deutschland, sondern in Brasilien. Die Sehbehinderten- und Blindenstiftung Adevis in Novo Hamburgo, zu Deutsch Neu-Hamburg, benötigt ihre Hilfe. Um Geld für die Initiative zu sammeln, veranstaltet die 25-Jährige heute ein Benefiz-Klavierkonzert im Mendelssohnhaus.

Lina Maria Kotschedoff ist selbst stark sehbehindert, ihre Sehkraft liegt bei nur noch fünf Prozent. Sie leidet seit der Geburt unter Progressiver Zapfen-Stäbchendystrophie (ZSD), einer seltenen Erbkrankheit, die die Netzhaut angreift und Patienten im schlimmsten Fall komplett erblinden lässt. Heute weiß Lina Maria, dass der Erbträger der Krankheit ihre Eltern sind, bei denen die Krankheit nicht ausgebrochen ist. Auch ihre Geschwister sind verschont geblieben. Eine Therapie gegen ZSD gibt es bislang noch nicht, erste Forschungsergebnisse können laut der Selbsthilfevereinigung Pro Retina erst in einigen Jahren am Menschen angewandt werden.

In Deutschland hat die Event- und Messemanagerin gelernt, mit der Krankheit zu leben. Vom Integrationsamt Rheinland bekam die gebürtige Düsseldorferin viel Unterstützung, unter anderem die Technik für ihr Betriebswirtschaftsstudium finanziert. „Ich brauchte ein Bildschirmlesegerät mit Kamera, einen Laptop, um während der Vorlesungen immer auf dem aktuellen Stand zu sein, und eine Vergrößerungssoftware“, sagt sie. Insgesamt investierte das Integrationsamt rund 10 000 Euro. Weitere Hilfe erfuhr sie von ihrem jetzigen Arbeitgeber, der Leipziger Messe. „Der damalige Geschäftsführer Josef Rahmen sagte, dass jeder eine Chance verdiene“, so Kotschedoff.

In Brasilien, der zweiten Heimat von Lina Maria Kotschedoff, gibt es all diese Unterstützung nicht. „Staatliche Hilfe ist sehr knapp, die Kommunen tun nur das Nötigste“, erklärt sie. Als Deutsch-Brasilianerin kennt sie die Umstände in dem südamerikanischen Land, während der Kindheit hat sie abwechselnd in Brasilien und Deutschland gelebt. Über die Jahre bauten sie und ihre Eltern Kontakt zu privaten Initiativen auf. Eine dieser engagierten Initiativen ist die Blinden- und Sehbehindertenstiftung Adevis in Novo Hamburgo. Der Verein im südlichsten Bundesstaat des Landes Rio Grande do Sul kümmert sich seit 1988 um Betroffene. „Die Stiftung hat die landesweit größte Bibliothek für Braille-Literatur eingerichtet. Es gibt dort Computer- und Braillekurse, wie auch Schulungsveranstaltung für Lehrkräfte in Braille. Zudem geht eine Mitarbeiterin in Unternehmen und erklärt, wie Sehbehinderte Menschen ins Arbeitsleben integriert werden können“, beschreibt sie das Wirken des Vereins.

Weil das Geld oft nicht ausreicht, will Kotschedoff helfen. „Mir geht es nicht um ein bestimmtes Projekt, sondern darum, dass den Helfern ein wenig die Last von den Schultern genommen wird. Beispielsweise muss der Minibus der Vereinigung dringend repariert werden, sonst gibt es für die Betroffenen in diesem Jahr kein Weihnachtsfest. Und die Vertonung von Büchern im hauseigenen Tonstudio oder der Druck von Lehrmaterialien in Braille kostet ebenfalls eine Menge Geld“, zählt sie auf.

Nun erhofft sich die Deutsch-Brasilianerin Hilfe von den Messestädtern. Gemeinsam mit ihrer brasilianischen Freundin Suzana Cardoso Rodrigues veranstaltet sie am heutigen Mittwoch ab 19.30 Uhr im Kammermusiksaal am Mendelssohnhaus in der Goldschmidtstraße 12 ein Benefizkonzert. „Blickwinkel“ haben es die Organisatorinnen genannt. Pianist Antonio Carlos Nigro, selbst Brasilianer und seit zehn Jahren in Deutschland und einem Jahr in Leipzig, spielt Klassiker aus seinem Land. Unter anderem bringt der von Kritikern als virtuos und vielseitig gelobte Künstler das bekannte Stück Garota de Ipanema zu Gehör. Der Eintritt ist an diesem Abend frei, am Ende des Konzertes bittet Lina Maria Kotschedoff um Spenden, die Summe wird im Januar persönlich von Lina Marias Eltern an den Präsidenten des Vereins übergeben.

Übrigens: Als Dank gibt es für jeden Besucher echte brasilianische Schokolade mit dem Namen Sonho de Valsa (Walzerträume). „Weil jeder, der nach dieser musikalischen Veranstaltung Geld gibt, dabei hilft, kleine Träume zu finanzieren.“

Erschien in der Leipziger Volkszeitung vom 17.Dezember 2008.