Leipzig bei Facebook: Schwachbrüstig und beschämend

Als im März die Leipzig Tourismus- und Marketinggesellschaft (LTM) die bis dahin privat betriebe Facebook-Seite „leipzigcity“ übernahm, dann mit einem Ziel: „Um mit einer jungen, online-affinen Zielgruppe in einen unmittelbaren Dialog zu treten und sie vom Potential und der Vielfalt Leipzigs zu überzeugen.“ Diesen Blindtext gab Volker Bremer, Geschäftsführer der LTM, für eine Pressemitteilung zu Protokoll. Zweieinhalb Monate nach dieser Pressemitteilung und sechs Monate nach Übernahme der Facebook-Seite zeigt sich allerdings ein anderes Bild.

„Unmittelbarer Dialog“ bedeutet in der Kommunikation mit Menschen so viel wie „sehr nahe“. Von dieser Nähe ist nur leider nichts zu spüren. Denn in erster Linie wird gesendet: Veranstaltungsankündigungen, positive Wirtschafts- und Tourismusmeldungen, Verlautbarungen der Hochkultur. Austausch mit den Nutzern findet meist nur durch einfache Meinungsabforderungen im Stil von „Wie seht Ihr das?“ statt. Echte Diskussionen finden allerdings nur selten statt. Selbst wenn die Nutzer antworten und ihre Meinung bekunden, antwortet die Seite nur selten zurück. Von Menschlichkeit und einem Wir-Gefühl ist leider nichts zu spüren.

Das ist schade – könnte eine Facebook-Seite doch dafür genutzt werden, die Stadt zum Freund zu machen. Ein Kumpel, mit dem man über alles sprechen kann. Über Probleme und Sorgen, genau wie über Schönes. Aber genau das scheint man vermeiden zu wollen. Die Seite soll offenbar gar nicht dazu dienen, den Leipzigern eine Anlaufstelle für Fragen zu sein. In allen bisherigen offiziellen Verlautbarungen zur Facebook-Seite war nicht zu erkennen, dass es der LTM um den Aufbau einer echten Fanbasis geht. Stattdessen ist die Seite eine Verlängerung zu leipzig.de. Und damit wirklungs- und nutzlos.

Das macht sich auch an den Statusmeldungen fest. Jene klingen oftmals zu hölzern und zu wenig aus dem Bauch heraus. Eher wie vorher freigegebene Zitate. Zudem verstehe ich nicht, wieso man dort „Tags“ verwendet, wie man sie von Twitter kennt, um Meldungen einen gewissen Touch und eine Einordnung zu verleihen. Das mag auf Twitter funktionieren und durchaus auf Facebook mal lustig sein. In nahezu jeder Statusmeldung wirkt das allerdings reichlich albern und hilflos.

So ist es vielleicht zu erklären, warum die Fanzahlen nur langsam steigen. Im März hatte die Seite 27.000 Fans. Jetzt, sechs Monate später, sind es 32.900. Eine Steigerung von 5.900 Fans ist für eine offizielle Stadt-Seite innerhalb dieser Zeitspanne sehr schwachbrüstig.

Was bleibt? Ein komisches Gefühl von Bestätigung. Bereits im März ahnte ich, dass die LTM weder ein Konzept, noch die Kompetenz hat, die städtische Facebookseite umfänglich und zufriedenstellend zu betreuen. Jamina Jahnel, Social Media Managerin der LTM beteuerte zwar damals, ein Konzept zu haben. Einsicht in selbiges gab es aber nicht. Dafür wurde einfach angefangen, indem man Broschüren zum Download anbot. Was wieder nur „senden“ statt Kommunikation und ein verlängerter Arm zum LTM und dessen Vermarktungsauftrag ist. Beschämend.

5 Gedanken zu „Leipzig bei Facebook: Schwachbrüstig und beschämend

  1. Ja, schade. Aber irgendwie haben es ja vorher alle geahnt. Schade auch, dass nicht auf die vorherigen Bedenken eingegangen wurde. Intern wird sich die LTM gegenüber der Stadt bestimmt mit ihrer tollen Arbeit (5900 neue Fans in nur 6 Monaten!!) brüsten.

    Aber das ist halt der Schwachpunkt in diesem System. Immer muss alles toll sein, auch wenn es noch so schlecht und erfolglos ist, wird es als wunderbar, neu und super toll dargestellt. Hingegen ist Einsicht eine Tugend, die niemand mehr kennt.

    Idee: eine zweite Leipzig-Facebook-Seite aufmachen und zeigen, wie es richtig geht 🙂

  2. Ja wirklich schade. Aber war uns nicht schon beim Webmontag klar, das diese Sache richtig gegen den Baum geht? Und das die LTM GmbH zeigt wie unfähig Sie leider in dem Punkt ist? Bingo, ich hätte doch Wetten abschließen sollen.

    Aber nicht nur gegenfeuern bringt jetzt was. Evtl doch mal mit ein paar Leuten zusammen setzen und es richtig machen?

    Schade das so oft gezeigt werden muss wie es nicht geht bevor es dann richtig gemacht wird. Scheint aber so Verankert in der Medienwelt?! hmmm

  3. Ich frage mich auch jedes Mal wieder, was die mit diesen Hashtags erreichen wollen. Sie wirken wirklich deplatziert und verbreiten den Anschein, der Benutzer hat keine Ahnung, was man damit eigentlich macht.

    Es ist schade, dass wirklich nur „Schönwettermeldungen“ gepostet werden und kein Dialog entsteht und auch nicht entstehen kann. Ich habe es bisher glaube ich erst einmal erlebt, dass auf einen Kommentar geantwortet wurde…

  4. Es könnte an der Ausrichtung liegen. Das Interesse der LTM geht doch eher dahin, Leipzig auf dieser Seite als touristisches Ziel an Auswärtige zu präsentieren. Das verfehlt natürlich vollkommen den Interessenten vor Ort. Da müsste eindeutig eine Hand aus der Stadt an die Tastatur, die auf Kommunikation mit dem Bürger ausgerichtet ist.

  5. Schade finde ich, dass die Stadt und der LTM die hingehaltene Hand der Kreativen Szene Leipzigs abgelehnt hat.

    Für mich zeigt sich immer mehr, dass der LTM mit seinen Aufgaben völlig überfordert ist.

Kommentare sind geschlossen.