Radio PSR kopiert Wikipedia-Artikel für eigene Website

Vergangene Woche startete Radio PSR einen überarbeiteten Internetauftritt mit hohen eigenen Ansprüchen. Die Pressemitteilung (PDF) spricht von „multimedialen Service-Angeboten“, die „klar auf die eigenen Kernkompetenzen“ des Senders setzen würden.

Als Beispiel dafür werden auch Künstlerinformationen genannt. Aber mit eben diesem Künstler-ABC unterstreicht PSR nur bedingt die eigene Kompetenz. Große Teile des Inhaltes stammen vom Muttersender R.SH in Schleswig-Holstein und aus der Wikipedia. Eine korrekte Quellenangabe jedoch fehlt. Beispiel: Der Artikel zur Rockband Queen, der sich komplett aus Bausteinen des dazugehörigen Wikipedia-Eintrages zusammensetzt. Nach meinen Nachfragen an den Pressesprecher wurde bei diesem Artikel eiligst „Quelle: wikipedia“ am Ende des Textes eingefügt, was aber nicht ausreicht.

Ebenso wurde in weiteren Fällen aus der freien Enzyklopädie kopiert, wie Stichproben ergaben. Etwa bei der Beschreibung der deutschen Band 2raumwohnung, dem weißen Rapper Vanilla Ice, dem Duo Everything but the Girl und der US-Sängerin Suzanne Vega. Dies verwundert, sollte ein Radiosender doch eigentlich durch Kontakte zu Plattenfirmen über genug eigene Informationen verfügen.

Auf die Plagiate angesprochen bestätigt PSR-Sprecher Nico Nickel diese und sagt: „Ja, da ist uns definitiv ein Fehler unterlaufen, den wir bislang noch nicht einmal bemerkt hatten. Allerdings betrifft es nur eine Minderzahl der Einträge.“

Generell verboten ist die Übernahme aus der Wikipedia nicht. Mathias Schindler, Mitglied im Vorstand des Vereins Wikimedia Deutschland, der als Förderverein für die Wikipedia fungiert, erklärt: „Wer Inhalte aus der Enzyklopädie nutzen will, kann dies gern tun, solange er sich an die Lizenzbestimmungen hält. Hier gibt es für gerade für den Onlinebereich praktikable Wege.“

Die Inhalte der Wikipedia stehen unter der so genannten GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Diese gestattet zwar auch die Vervielfältigung und Veränderung der Texte für kommerzielle Zwecke. Im Gegenzug müssen veränderte Werke aber unter die selbe Lizenz gestellt und auf diese hingewiesen werden. Bei PSR ist nichts davon geschehen.

Auf welcher Seite der Senderkette die Fehler passierten, konnte Nico Nickel nicht sagen. Fest steht aber, dass auf der Website von R.SH das Künstler-ABC schon seit längerem eingebunden wird. An beiden Standorten, in Kiel und Leipzig, seien jeweils eine Handvoll Musik- und Onlineredakteure mit der Pflege betraut.

Dass Wikipedia-Inhalte unter Verletzung der Lizenzbestimmungen in andere Website eingebunden werden, erlebt Mathias Schindler oft. „Das passiert aber meist nicht absichtlich, sondern häufig aus Unkenntnis. Manchmal wird auch das Plagiieren als Kavaliersdelikt angesehen. Solange schnell Besserung erfolgt, dürfte das die meisten Autoren zufriedenstellen.“

Im Falle von Radio PSR ist die Einsicht gegeben. Man arbeite, so Nickel, bereits an der Beseitigung der Verstöße. Eine Aufgabe, bei der dann wirklich die „eigenen Kernkompetenzen“ gefragt sind. Teilweise ist dies bereits geschehen, offenbar hat man sich aber nur auf Satzumstellungen und – etwa bei Vanilla Ice vor allem auf die Zeitformen beschränkt.

Erscheint in ähnlicher Form am 26. April 2008 in der Leipziger Volkszeitung.

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