The Day After #Blumenkübel

Bereits am Dienstag hatte die Münstersche Zeitung von dem unglaublichen Vorgang geschrieben: Am Antoniusstift in Neuenkirchen wurde ein Blumenkübel umgestoßen und dadurch zerstört. Ein großer. Für 150 Euro. Gefüllt mit Erde. Und einem Buchsbaum. Und natürlich hatte mal wieder niemand etwas gesehen. Es sollte bis Donnerstag dauern, bis die anfängliche Sprachlosigkeit aufgrund des rabiaten Vorgehens allmählich wich. Was dann bei Twitter losgetreten wurde, war gewaltig. Plötzlich war der Blümenkübel in aller Munde. Ein Beweis für die Multiplikationsfähigkeit von Twitter – selbst bei solch grotesken Themen.


Ob es nun an dem unfreiwillig komischen Stil der Meldung lag oder an der vermeintlichen Banalität des Themas, vermag wohl niemand mehr zu sagen. Jedenfalls setzte am Donnerstag Vormittag dieser kreative Schaffungsprozess ein, den ich an Twitter so liebe. Aktuelle Ereignisse wie das BP-Bohrloch oder der Urlaub der Kanzlerin wurden mit der Sachbeschädigung in Verbindung gebracht. Und auch Bill Gates und Steve Jobs mussten dran glauben. Das sind nur einige der wohl tausendfach produzierten Tweets, die immer wieder retweetet wurden. So lange, bis #blumenkübel bei Twitter zum „trending topic“ wurde, also zum angesagten Thema. Bis auf Platz 4 weltweit schob sich der zerbrochene Krug aus Neuenkirchen angeblich nach vorn. Weltweit wunderten sich Twitter-Nutzer, was die Krauts nun schon wieder meinten mit #blumenkübel. Auf CNN allerdings schaffte es die Nachricht dann doch nicht.

Ein solcher Hype wegen eines Blumenkübels. Mich interessierte: Wusste die Autorin davon? Wusste sie, was da gerade in einem Teil des Internets abging? Würde sie Gratulationen annehmen? Ich konnte es nicht erfahren. Wohl aber mit einem ihrer Vorgesetzten sprechen. Und ich erfuhr: Die Autorin ist Praktikantin, unternahm in dieser Woche ihre ersten journalistischen Gehversuche. Und schießt mit ihrer banalen Geschichte gleich am zweiten Praktikumstag unfreiwillig solch einen Vogel ab. Die Redaktion schützt sie und antwortet für sie. Was man wohl zu respektieren hat, zumal sie heute Mittag bereits im Wochenende war.

Die Münstersche Zeitung reagierte schnell und blieb den ganzen Tag am Thema. Nach meinem Anruf, der die Kollegen von der gerade im Entstehen befindlichen Kübel-Welle informierte, bauten sie einen neuen Beitrag, in dem sie den Sachverhalt erklärten. Und für die Bewohner des Antoniusstifts älteren Leser erklärten sie gleich noch, was das ist, dieses Social Web. Etwas später wurde die Geschichte erneut weitergedreht: Der Pflegeleiter bekundete: „Wir wollten einen solchen Hype nicht auslösen.“ Was man ihm gern glaubt. Solch einen Hype kann man schlecht planen. Das geht nur, wenn „alle“ mitmachen und ihre Kreativität und eine Menge Herzblut in diese verrückte Sache stecken.

Und Kreativität gibt es im Netz. Selbst Unternehmen hängten sich mit ihren Twitter-Accounts an die Kübelgeschichte. Unter anderem der Versender Otto und die Sparkasse beweisen Humor. Und die eilig eingerichtete Facebook-Seite des inzwischen entsorgten Kübels sammelt weiterhin fleißig Däumchen.

Auch bei Youtube gibt’s was zum Blumenkübel. Beispielsweise eine dramatisierte Lesefassung des Original-Beitrages:

Und ein Bekennervideo der Gruppe „Free the flowers“, die sich für den Anschlag verantwortlich macht:

Insgesamt keine Geschichte, über die man informiert gewesen sein muss. Aber eine Geschichte, die unterhaltsam war und abermals die „Macht“ von Twitter bewies. Und die im WDR-Fernsehen gezeigt wurde und wohl ab morgen in sämtlichen Vorträgen und Workshops über Social Media zu hören sein wird. Danke, Internet.

Happy End der Geschichte: Ein Unternehmen aus Würzburg will zwei neue Blumenkübel für das Altenheim locker machen. Das widerum finde ich so prima, dass ich mich frage, warum die Münstersche Zeitung nicht den Namen dieses Unternehmens nennt.

Update: Worauf natürlich noch unbedingt hingewiesen werden muss, ist der Blumenkübel-Song von Lukas Heinser.

10 Gedanken zu „The Day After #Blumenkübel

  1. Oh man heben die leute im gebrauchten Teil Deutschlands Probleme. Die sin da ja sowas von Realitäts fern. Wahrscheinlich gab es da einen stärkeren Wind, der das blöde ding einfach umgeblasen hat oder es ist eine dort wohnende Person Nachts besoffen nachhause gekommen und dagegen gelaufen und dann machen die dort einen aufriss als hätte es einen Terroranschlag gegeben

  2. Sorry Jens, aber bei diesem Kommentar würd ich einfach mal sagen: Thema verfehlt. Nix für ungut.

  3. Pingback: Die Macht von Twitter - Projekt Star Wars
  4. Prima, danke! Europalms also. Ihr seid aber nicht die, die immer mal solche Faxe verschicken, man solle sich Gummipalmen ins Büro stellen?

  5. Pingback: Großes Netz – Die Leipziger Webszene » Die Top of the Tops 2010

Kommentare sind geschlossen.